Küsntliche Intelligenz

ChatGPT- Mensch vs. Maschine?

Risiken und Chancen künstlicher Intelligenz im Arbeitsleben

ChatGPT- gekommen um zu bleiben

Am Morgen ein Artikel über das US-amerikanische Finanzsystem verfassen, am Mittag ein Rechtsstreit lösen, daraufhin noch eine schnelle Marktforschung durchführen und abends ein Drehbuch schreiben. Der Arbeitsalltag eines Genies, das neben Journalismus auch Jura, BWL und Film studiert hat? Nicht ganz. Aktuell sind künstliche Intelligenzen (KIs) wie ChatGPT präsenter als jemals zuvor. Mit der Popularität dieser Tools tauchen neben neuen Chancen mindestens genauso viele Unsicherheiten auf. Wird mein Job in ein paar Jahren von einer Maschine übernommen? Wo hat KI Microsoft und Amazon einen Strich durch die Rechnung gemacht? Wieso fühlen sich nicht nur Journalismus und IT, sondern selbst Google von ChatGPT bedroht? Und was bedeutet künstliche Intelligenz eigentlich für Führungskräfte?

ChatGPT: Morgens Autor, mittags Informatiker, abends Komponist?

Wer sich im Arbeitskontext mit Technik beschäftigt, hat den Begriff ChatGPT Anfang 2023 wohl mindestens einmal gehört – manchmal im negativen, manchmal im sehr positiven Kontext. Während sich manche darüber begeistern, dass ChatGPT sowohl Codes zur App-Programmierung als auch die Titelmusik für Blockbuster schreiben kann, schwingt bei anderen die Befürchtung mit, der eigene Job und die langjährige Ausbildung könne aufgrund der smarten KI bald obsolet sein.

Was viele allerdings nicht wissen: Auch ChatGPT hat studiert, allerdings nicht im Hörsaal, sondern anhand von Texten mit etwa 500 Milliarden Wörtern. GPT steht für „Generative Pre-Trained Transformer“, basiert auf maschinellem Lernen und wurde im kalifornischen KI-Forschungslabor OpenAI zum Leben erweckt. Folglich existiert die KI als neuronales Netz, welches sich durch langwierige Analyse von Text im Internet sein Wissen angeeignet hat. User interagieren mit der KI über ein Chatfenster und stellen ihr somit Fragen stellen oder geben Anweisungen.

Schnee von gestern?

ChatGPT hört sich wie ein Szenario à la „Zurück in die Zukunft“ an? Nicht ganz. Beispielsweise hat bereits 2013 eine Studie der Oxford Universität ergeben, dass in den nächsten 20 Jahren 47 Prozent der Arbeitsplätze durch KI eliminiert werden könnten. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, IBM und ver.di kommen nach Beenden einer jahrelangen Feldstudie zum Schluss, dass KI zwar nicht das „Ende der Arbeit“ bedeutet, Mensch und Algorithmus allerdings eine Co-Existenz mit passenden Rahmen-und Anwendungsbedingungen schaffen müssen. Selbst, wenn Innovationen wie ChatGPT wirken, als hätten sie den Stein einer technischen Revolution ins Rollen gebracht, müssen wir uns doch darüber im Klaren sein: Künstliche Intelligenz ist in vielen Lebens- und Arbeitsräumen bereits mehr als etabliert. Alexa, Siri und Co? Basieren auf künstlicher Intelligenz. Google beantwortet Fragen schon fast schneller, als man sie ins Dialogfeld eintippen kann. Und auch Suchmaschinenanfragen werden aus KI generiert.

Die Alltagsbeispiele sind vergleichsweise harmlos. Besonders spannend und auch ethisch interessant wird der Einfluss von KI beim Blick in die USA. Schon seit einigen Jahren werden in US-amerikanischen Gerichtsprozessen KIs unterstützend eingesetzt, die beispielsweise basierend auf dem Lebenslauf und beantworteten Fragen der Angeklagten für oder gegen einen Freispruch plädieren. Aber auch hier ist anzumerken, dass die Nutzung von KI wie ein zweischneidiges Schwert zu betrachten ist und die Chancen auch mit Risiken Hand in Hand gehen.

Die zwei Gesichter der künstlichen Intelligenz

Selbstverständlich lässt sich über KI aus einer Vielzahl an Perspektiven diskutieren – von der Implementierung der Tools im Alltag über Machine Learning bis hin zum Einsatz von KI zu Bildungszwecken in Schulen und Universitäten. Wir wollen allerdings einen konkreten Blick auf neue Tools wie Chat GPT am Arbeitsplatz werfen.

Chancen von künstlicher Intelligenz und ChatGPT am Arbeitsplatz

  • Wegfall repetitiver Aufgaben
    Eine Excel-Tabelle, die täglich per Hand mit aktuellen Zahlen vervollständigt werden muss? Wenn ein vollständiger Datensatz vorliegt, kann Chat GPT schon heute Tabellen erstellen und komplexe Kalkulationen vornehmen.
  • Vereinfachtes Recruiting
    Das Bewerbungslesen braucht Zeit – wenn im Vorhinein Kriterien zur Bewerberauswahl festgelegt wurden, kann die künstliche Intelligenz für das Recruiting eine Vorauswahl erstellen. Und geht dabei vielleicht sogar objektiver vor, als es Menschen möglich ist.
  • Zielführende Weiterbildungen
    Coachings und Trainings in Präsenz bedürfen intensiver Koordination und auch das Zusammenkommen aller Teammitglieder an einem Standort. Machine Learning kann auch im Trainingskontext wörtlich genommen werden: Zeit- und ortsunabhängig können Mitarbeitende an Schulungen und Weiterbildungen teilnehmen, die von einer KI geführt und je nach deren Wissenstand und Interessensgebiet genau auf die Nutzenden abgestimmt sind. Außerdem kann künstliche Intelligenz sogar beim Suchen geeigneter Weiterbildungsmöglichkeiten helfen. So unterstützt beispielsweise das Bundesministerium für Forschung und Bildung das Projekt APOLLO der Bertelsmannstiftung, in welchem Arbeitnehmer:innen einer KI viele jobtechnische Fragen beantworten und mit dem Chatbot interagieren müssen, um letztendlich persönlich zugeschnittene Fortbildungs- und Nachqualifizierungsangebote vorgeschlagen zu bekommen.
  • „Digital Wellbeing“ am Arbeitsplatz 5.0
    Selbstverständlich ist das smarte Büro mit selbstregulierter Temperatur und App-gesteuertem Bürobedarf keine Weltneuheit mehr. Allerdings kann künstliche Intelligenz auch dabei helfen, die Arbeitnehmer:innen in ihrem digitalen Wohlbefinden („Digital Wellbeing“) zu unterstützen. Dabei fragen die Tools beispielsweise, ob nach einigen Stunden vor dem Screen die Bildschirmhelligkeit reduziert werden soll oder schlagen vor, wann die nächste Arbeitspause gesund wäre.
  • Führungsfokus auf Menschen
    Auch für Führungskräfte fallen im sogenannten Digital Leadership Routineaufgaben wie insbesondere Arbeitsorganisation und Aufteilung weg. So könnte man operative Aufgaben abgeben und den Fokus auf strategische Prioritäten und Kommunikation setzen. Auch im Umgang mit Mitarbeitenden könnte KI schon bald unterstützen. Beispielsweise hatte Zoom bereits eine Funktion eingeführt, in welcher Meetingleitende in Zoom-Calls von einem virtuellen Assistenten benachrichtigt wurden, wenn Teilnehmende das Interesse verloren. Die KI hatte Körperhaltung, Tonlagen und Gesichtsausdrücke ausgewertet. Allerdings wurde diese Funktion wieder abgeschafft, Nutzende hatten sie als irritierend wahrgenommen.

Risiken von KI und ChatGPT am Arbeitsplatz

  • Diskriminierung und Gleichberechtigung statt Objektivität
    Oftmals wird künstlicher Intelligenz nachgesagt, fairer und neutraler zu entscheiden als Menschen – doch stimmt das wirklich? Die Praxis zeigt: Nicht unbedingt. Zum Beispiel musste Amazon eine hochentwickelte Recruiting-KI abschalten, nachdem öffentlich wurde, dass diese in der Bewerbungsauswahl Frauen benachteiligt hatte. Und auch Microsoft hat Negativerfahrungen im KI-Bereich aufzuweisen, als ihr Chatbot Tay begann, auf Twitter rassistische Inhalte zu teilen.
  • EQ vs. IQ
    Wenn Sozialkompetenz fehlt, kann auch die allwissende Allgemeinbildung nicht aushelfen. Besonders bei Führungskräften ist der emotionale Quotient (EQ) genauso wichtig wie der Intelligenz-Quotient (IQ). Dahingehend kommt künstliche Intelligenz noch nicht an die Einfühlsamkeit und persönliche Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden heran.
  • Transparenz? Fehlanzeige!
    Sollten Mitarbeitende nicht verstehen, auf welchen Kriterien basierend eine KI Entscheidungen trifft, kann es zu Irritation und Unsicherheit kommen. Beim Einsatz von Tools wie Chat GPT muss bereits in der Implementationsphase klargemacht werden, inwiefern die Software Unterstützung leisten soll. Das Amazon-Beispiel hat gezeigt: Insbesondere in Bereichen wie dem Recruiting ist Transparenz im Umgang mit künstlicher Intelligenz elementar.
  • Wer trägt die Verantwortung?
    Dem Kunden wird ein fehlerhaftes Dokument geschickt, der Autor ist aber kein Teammitglied sondern heißt Chat GPT – ist in dieser Situation der Mitarbeitende oder die KI schuldig? Eine Frage, die schwierig beantwortet werden kann. Umso wichtiger ist es, die Erzeugnisse von Chat GPT & Co nicht ungeprüft durchzuwinken, sondern die Tools als Unterstützung der eigenen Arbeitsleistung zu betrachten.
  • Das Privatsphäre-Dilemma
    Funktionen wie automatische Suchvorschläge auf Google oder personalisierte Werbung basieren auf personenbezogenen Daten. Das Datendilemma ist bekannt: Zum Trainieren von künstlichen Intelligenzen wie Chat GPT werden riesige Informationsmengen benötigt. Je mehr und je persönlicher, desto besser und hilfreicher. Allerdings geht damit auch das Risiko einher, dass diese Daten für andere Zwecke verwendet oder weiterverkauft werden. Technologien wie das sogenannte Edge-Computing sollen den Spieß umdrehen, Nutzerdaten bleiben dabei auf den Endgeräten und trainieren vor Ort lokale KI-Modelle, die letztendlich verschlüsselt und zusammengeführt werden. Diese Konzepte stehen allerdings noch am Anfang.

Alarmstufe Rot bei Google

Bereits die Berichterstattung und das breite Interesse an ChatGPT hat gezeigt: Dieses Tool ist gekommen, um zu bleiben. Auf der einen Seite stehen begeisterte User, für die ChatGPT Aufgaben wie das Thesisschreiben, Datenverarbeitung oder auch kreative Inspiration übernimmt. Auf der anderen Seite blicken neben Berufsgruppen wie dem Journalismus oder der IT auch große Unternehmen wie der Software-Gigant Google mit Skepsis auf die aktuellen Entwicklungen. Der Konkurrent Microsoft plant hohe Investments in den Chatbot, welche für die hauseigene Suchmaschine Bing genutzt werden sollen.

Alarmstufe Rot bei Google – die klassische Suchmaschine könnte mit den OpenAI-Funktionen vielleicht nicht mehr mithalten. So verdeutlichen diese Entwicklungen, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis Tools wie ChatGPT zum Arbeitsalltag gehören – Zoom oder Teams waren vor drei Jahren auch noch verhältnismäßig unbekannt, während sie heute auf jedem Laptop installiert sind. Aber bedeutet das für Führungskräfte nach der Einstellung auf virtuelle Teams und den Back-to-Office-Trend die nächste Zerreißprobe?

Führung neu denken mit ChatGPT und Co

Auch die Aufgaben in der Mitarbeiterführung verändern sich mit dem Einsatz von KI, soviel ist sicher. Zudem ist denkbar, dass sich das Berufsbild einer Führungskraft in den nächsten Jahren wandelt und anstatt Organisation und Planung insbesondere Strategie und persönlicher Austausch in den Vordergrund rücken. Wenn ChatGPT & Co vermehrt organisatorische Aufgaben übernehmen, bekommen Führungskräfte Raum und Möglichkeit, viel persönlicher mit den Teammitgliedern zu interagieren und Mitarbeiterführung neu zu denken. Allerdings ist auch hier Vorsicht geboten: Selbst im Best-Case-Szenario ist gute Kommunikation unabdingbar – nicht nur im Umgang mit der KI, sondern vor allem mit den Mitarbeiter:innen.

Die Erfahrungen von Microsoft und Amazon haben gezeigt, dass der Einsatz von KI auf Grundlagen wie Transparenz und Vertrauen basieren muss. Jeder sollte nachvollziehen können, an welchen Stellen KI eingesetzt wird und was Führungskräfte unternehmen, um die Privatsphäre der Mitarbeitenden zu schützen. Nur so kann Unsicherheit reduziert und auf eine zielführende Ko-Existenz hingearbeitet werden, in der sowohl Mitarbeitende als auch Führungskräfte künstliche Intelligenz zu ihrem Vorteil einsetzen, anstatt sich von ihr bedroht zu fühlen.

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